Eichler, S. (2002). Das Lautrepertoire der Schopfgibbons (Gattung Nomascus). Diploma thesis, Institut für Zoologie, Tierärztliche Hochschule Hannover, Germany. 112 pp. (German text).
Susanne Eichler
Gibbons weisen neben auffälligen art- und geschlechtsspezifischen gesanglichen Lautäußerungen auch ein außergesangliches Lautrepertoire auf, das im Gegensatz zu den Gesängen vermutlich in erster Linie zur Verständigung zwischen Gruppenmitgliedern verwendet wird. Während die Gibbongesänge bisher in mehreren Studien untersucht wurden, gibt es kaum Untersuchungen zum nicht-gesanglichen Lautrepertoire von Gibbons. Die vorliegende Arbeit erfasst das nicht-gesangliche Lautrepertoire der Schopfgibbons (Gattung Nomascus).
Als Ausgangsmaterial dienten zahlreiche Tonaufnahmen von Schopfgibbons aus dem Tonarchiv des Gibbon Research Labs., die zusätzlich durch eigene Aufnahmen ergänzt wurden. Die Aufnahmen stammen fast ausnahmslos von Zoogibbons. Die Tondokumente wurden digitalisiert und aufgrund ihrer Frequenz- und Zeitstruktur nach Ähnlichkeit in sogenannte Lauttypen sortiert. Pro Tier wurden maximal 10 Laute jedes Lauttyps nach Zufall ausgewählt und sonagraphisch vermessen. Für jeden Laut wurden die Variablen Dauer, Anfangs- und Endfrequenz, Minimalfrequenz, Maximalfrequenz und die gesamte Frequenzauslenkung bestimmt. Total wurden 860 Laute von 46 Gibbons aus 18 Zoos und von mindestens 2 Individuen aus dem Freiland vermessen.
Anhand des vorliegenden Tonmaterials wurden 19 Lauttypen unterschieden und beschrieben. Einige Lauttypen sind sich nicht nur akustisch ähnlich, sondern lassen sich durch Übergangsformen ineinander überführen. Die Lauttypen lassen sich zu 12 Lautklassen zusammenfassen, zwischen denen fließende Übergänge oder intermediäre Lautformen nicht auftreten oder zumindest bisher nicht beobachtet wurden.
Die meisten Lauttypen scheinen in mehreren Verhaltenskontexten aufzutauchen. Einzig vier besonders seltene Lauttypen wurden jeweils nur in je einem Kontext beobachtet, und diese Laute wurden auch nur von jeweils einem einzigen Tier produziert.
Ein statistischer Vergleich der Messwerte zwischen den Individuen ergab zahlreiche signifikante Unterschiede. Das nicht-gesangliche Lautrepertoire scheint ein besonders großes Potential zur individuellen Erkennung zu aufzuweisen.
Ein Vergleich zwischen den Taxa war für mehrere Laute aufgrund geringer Stichprobengrößen statistisch nicht durchführbar. Bei den verbleibenden Vergleichen wurden verhältnismäßig wenige signifikante Unterschiede gefunden. Die Taxon-Spezifität des Lautrepertoires scheint im außergesanglichen Bereich deutlich schwächer ausgeprägt zu sein als im gesanglichen.
Eine Geschlechtsspezifität ließ sich für keinen der untersuchten Laute nachweisen. Nur bei einem einzigen Lauttyp wurde festgestellt, dass ihn, relativ zur Zahl der untersuchten Individuen, signifikant mehr Männchen als Weibchen äußern. Auch die Geschlechtsspezifität scheint bei außergesanglichen Lauten deutlich schwächer ausgeprägt zu sein als bei Gesangslauten.
Es wurden keine Hinweise auf eine Altersspezifität der untersuchten Lauttypen gefunden. Aufgrund der geringen Stichprobengrößen muss dieses Resultat zwar als vorläufig betrachtet werden, dennoch scheint auch die Altersspezifität bei außergesanglichen Lauten weniger stark ausgeprägt zu sein als bei Gesangslauten.
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